

Deutscher Musikrat gemeinnützige Projektgesellschaft mbH
Edition Zeitgenössische Musik
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Gerardo Scheige
Sina Miranda
Zur Musik
Enno Poppe widmet sich dem Klang mit der kritischen Gelassenheit eines wissenschaftlichen Beobachters. Unter seiner Hand brütet, wächst und wuchert der Stoff wie eine lebendige Kultur. In seinem Zyklus Holz - Knochen - Öl werden die Naturmaterialien, auf die er im Titel anspielt, zu "Chiffren des Organischen" (Poppe). Indem er Modelle organischen Wachstums auf das Klangmaterial appliziert und die motivischen Zellen allmählich verästelt, entstehen Werke als komplex-bewegte Lebewesen, die ihrem natürlichen Vorbild auch ihrer Regelmäßigkeiten und Asymmetrien nach gleichen.
Holz - Knochen - Öl ist ein poetischer und dramatischer Zyklus, der sich nicht nur als Studie der Materialbeschaffenheiten hören lässt - von der biegsamen Stabilität der fasrigen Stimmverläufe in Holz über das harte "Martellatissimo" und trockene "Secco" in Knochen bis zum zähen, aber energischen Strom ineinander fließender Linien in Öl. Poppe erzählt auch die Geschichte des Werdens und Verfalls. Holz wird als lebendiges, wachsendes Material greifbar. Knochen verheißen Wachstum, dann Stabilität, Härte und - als Vanitas-Symbol - den Tod. Öl wiederum gemahnt als Rückstand vergangenen Lebens seinerseits an Vergänglichkeit und einen Jahrmillionen dauernden Zerfall, während es gleichzeitig als Energiequelle neues Leben stiftet.
Holz - Knochen - Öl ist aber auch eine Arbeit über den Traditionsbestand der Moderne. Über die Möglichkeit, heute noch ein Solokonzert zu schreiben. Über die Frage, ob sich das von der Avantgarde vernachlässigte Konzept der Melodie aktualisieren lässt. Und über harmonische Verfahren, die auf mathematischen Operationen und Frequenzwerten beruhen und trotzdem als naturhaft, organisch und musikalisch sinnvoll wahrgenommen werden.
Björn Gottstein
Programm der CD
1. | Holz | 11:20 | |
für Klarinette und Ensemble (1999/2000) | |||
Knochen | 24:15 | ||
für Ensemble (1999/2000) | |||
2. | I | 09:02 | |
3. | II | 05:28 | |
4. | III | 09:45 | |
Öl | 38:07 | ||
für Ensemble (2001) | |||
5. | I | 16:06 | |
6. | II | 22:01 | |
Ernesto Molinari, Klarinette | |||
Klangforum Wien | |||
Ltg. Stefan Asbury | |||
Lebenslauf
1969 | am 30. Dezember in Hemer/Sauerland geboren | |
Enno Poppe studierte Dirigieren und Komposition an der Hochschule der Künste Berlin, u.a. bei Friedrich Goldmann und Gösta Neuwirth. Weiterführende Studien im Bereich Klangsynthese und algorithmische Komposition führten ihn an die Technische Universität Berlin und zu Heinrich Taube an das Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. | ||
ab 1980 | Erste Kompositionen mit zehn Jahren, mehrfach 1. Preisträger bei "Jugend komponiert" | |
1996 | Studienaufenthalt an der Cité Internationale des Arts, Paris | |
1999 | Einladung zum Komponistenseminar im Künstlerhaus Boswil | |
1992/95/98 | Kompositionsstipendium des Berliner Senates | |
1994 | Stipendium der Märkischen Kulturkonferenz | |
2001 | Stipendium der Wilfried-Steinbrenner-Stiftung | |
2002/03 | Stipendiat der Akademie Schloss Solitude | |
1998 | Boris-Blacher-Preis für "Gelöschte Lieder" | |
2000 | Kompositionspreis der Stadt Stuttgart für "Knochen" | |
2002 | Busoni-Preis der Akademie der Künste Berlin | |
2004 | Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung | |
2005 | Schneider-Schott-Preis | |
seit 1998 | Dirigent des ensemble mosaik | |
2002-2004 | Lehrbeauftragter für Komposition an der HfM "Hanns Eisler" Berlin | |
2004 | Lehrtätigkeit bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik | |
Kompositionsaufträge und Aufführungen (Auswahl): | ||
Wittener Tage für neue Kammermusik, Wien modern, Donaueschinger Musiktage, Musiktriennale Köln, UltraSchall (Berlin), MaerzMusik (Berlin), Présences (Paris), Basler Musikmonat 2001, Éclat (Stuttgart), musica viva München, Salzburger Festspiele, Frankfurt, Brüssel, Genf, Barcelona, St.Petersburg, L'viv (Lemberg). | ||
Interpreten (Auswahl): | ||
Ensemble Modern, Klangforum Wien, ensemble mosaik, Ensemble Contrechamps, musikFabrik, Kairos-Quartett, Stefan Asbury, Emilio Pomàrico, Kasper de Roo, Peter Rundel, Ed Spanjaard. | ||
(Stand: 2006) |
Werkliste
(Auswahl) | ||
1993/99 | Familien-Bild/Klavierkonzert | |
für Klavier und Ensemble | ||
1993 | 17 Etüden | |
für die Violine, 2. Heft | ||
1994 | 28 I 94 | |
für Klavier und Orgel | ||
1995 | Knabenträume | |
für Ensemble | ||
27 XI 95 | ||
für Gitarre | ||
1993/97 | Thema mit 840 Variationen | |
für Klavier | ||
1996-99 | Gelöschte Lieder | |
für Flöte, Klarinette, Geige, Cello und Klavier | ||
1999 | Bastard | |
für Sopran, Bariton und präpariertes Klavier | ||
1999/2000 | Knochen | |
für Ensemble | ||
Holz | ||
für Klarinette und kleines Ensemble | ||
2000/04 | Scherben | |
für Ensemble | ||
2001-04 | Öl | |
für Ensemble | ||
daraus: | ||
2001 | Öl 1 | |
für Ensemble | ||
2002/04 | Wand (Öl 2) | |
für Ensemble | ||
2002 | Herz | |
für Violoncello | ||
Tier | ||
für Streichquartett | ||
2003 | Rad | |
für zwei Keyboards | ||
2002-04 | Interzone | |
Lieder und Bilder für sechs Stimmen, Ensemble und Elektronik | ||
Text von Marcel Beyer | ||
Video und Bühne von Anne Quirynen | ||
2000/04 | Holz Solo | |
für Klarinette oder Fagott | ||
2004 | Trauben | |
für Violine, Cello und Klavier | ||
2005 | Wespe | |
für Stimme solo | ||
Text von Marcel Beyer | ||
Salz | ||
für Ensemble | ||
2006 | Gold | |
für Chor | ||
(Stand: 2006) |